Die hier vorgestellte Art der Sinuserzeugung unterscheidet sich grundlegend von der Art der Sinuserzeugung, die nach dem Oszillatorprinzip arbeitet.
Bei einem Oszillator muss innerhalb des Systems das Sinussignal eine Phasendrehung von 0° bzw. 360° durchlaufen.
Des Weiteren muss die Systemverstärkung größer als 1 sein. Diese beiden Bedingungen sind in den hier beschriebenen Applikationen nicht vorhanden.
Stattdessen wird das Sinussignal schrittweise zusammengesetzt.
Das Sinussignal wird praktisch „generiert“. Deswegen spricht man auch vom Sinusgenerator.
Bild 1 zeigt den Schaltplan für einen 8-Bit-Sinusgenerator. Bild 1a zeigt das dazugehörige Oszillogramm der Sinusausgangsspannung.
Bei einer Schrittweite auf der x-Achse von 22,5° erhält man doch einen sehr groben Sinusverlauf der für das Testen von NF-Signalpfaden ungeeignet ist.
Stattdessen sind Anwendungen mit optischen Effekten oder das Treiben eines Wechselstrom-Synchronmotors denkbar.
Funktionsweise nach Bild 1:
Während der Einschaltung der Versorgungs- spannung muss der Reset-Eingang ‚RES‘ auf ‚H‘ liegen, damit die Ausgänge Q1…Q4 definiert auf ‚L‘ liegen.
Liegt die Versorgungsspannung stabil an kann der Reset-Eingang ‚L‘-Pegel annehmen. Nun kann mit dem Starten des Taktsignales am CLK-Eingang
die Sinusgenerierung beginnen. Hierbei liegt der Anfang des Sinus‘ bei 0 Volt, entsprechend 270° in der Phase.
Mit dem 1. Taktimpuls wird Q1 auf ‚H‘ geschaltet, mit dem 2. Taktimpuls kommt Q2 mit ‚H‘ dazu. Mit dem 3. Taktimpuls kommt Q3 mit ‚H‘-Pegel dazu.
Mit dem 4. Taktimpuls kommt Q4 mit ‚H‘-Pegel dazu. In diesem Zustand befindet sich der Spannungspegel an Sinus-Out auf +5 Volt.
Bei einer Versorgungsspannung von +10 Volt entsprechen diese +5 V die symmetrische Nullachse des Sinussignals.
Dies zu erkennen ist deshalb wichtig, weil mit diesem Sinus, der ja einen DC-Offset von +5 V besitzt keine Induktivitäten gesteuert werden dürfen.
Mit einer nach- folgenden Korrekturschaltung mittels Operations- verstärker lässt sich der Offset von +5 V kompensieren,
sodass das Sinussignal zwischen -5 V und +5 V arbeitet. Eine solche Kompensationsschaltung benötigt allerdings eine
duale Versorgungsspannung von z. B. +/-12 V. Wird eine solche Offsetkorrektur eingebaut, so startet der Sinus nicht bei 0 Volt,
sondern bei -5 Volt. Auch dieser Zustand kann beim Treiben von induktiven Lasten unerwünscht sein.
Idealerweise benutzt man für die Funktion von IC1 eine Variante mit setzbaren Ausgängen, um die Ausgänge Q1…Q4 von IC1a,
kurz nach dem Reset, auf ‚H‘ zu setzen.
Wird ein Sinussignal mit einer feineren Abstufung benötigt, so kann die Schieberegisterkette auf 16-Bit erhöht werden.
Bild 2 zeigt das dazugehörige Schaltbild. Als Ergänzung ist die DC-Offsetkompensation mit eingezeichnet.
Bild 2a zeigt das Oszillogramm zur Schaltung in Bild 2. Die blaue Linie zeigt den Spannungsverlauf am Knotenpunkt der Widerstände R1…R16 (Tp1).
Auch hier ist zu erkennen, dass das Sinussignal einen DC-Offset von +5 Volt besitzt. Nach der Offsetkompensation durch IC4A und IC4B steht der
nullsymmetrische Sinus am Ausgang ‚Sinus-Out‘ zur Verfügung.
Auch hier in der 16-Bit-Vaiante startet die Sinusgenerierung am Tp1 bei 0 Volt. Am Ausgangs ‚Sinus-Out‘ sind das -5 Volt.
Soll zu Beginn der Sinusgenerierung die Ausgangsspannung definiert auf 0 Volt liegen, so müssen hier die ICs IC1a und IC1b mit
einer setzbaren Variante für die Ausgänge Q1…Q4 bestückt werden.
Die Widerstände R1…R16 sind 1%-ige Werte aus der Reihe E96.
Für eine Entwicklungsarbeit Anfang der 1990er Jahre hat der Verfasser drei dieser Sinusgeneratoren aufgebaut und mit einen
120°-3-Phasentakt getaktet. Als Treiber für einen Drehstrommotor wurden drei DC-gekoppelte lineare Endstufen verwendet.
Da es sich hier um einen Motor mit einer kleinen Leistung von nur 100 W und Kurzzeitbetrieb handelte, spielte die Verlustleistung
in den Endstufen keine Rolle.
In der fertigen Produktausführung wurde der ganze Digitalteil in eine CPLD programmiert, um eine kompakte Bauform zu erhalten.
Obwohl die Ansteuerung für den Drehstrommotor heute, aus gutem Grund, mit sogenannten Frequenzumrichtern realisiert wird,
sollte man die oben beschriebene Art der Sinuserzeugung nicht vergessen. Insbesondere im Klein- und Kleinstleistungsbereich
kann die diskrete, digitale Sinuserzeugung Vorteile haben. Diese sind z. B.: die Verwendung von Standardbauteilen,
minimale Störausstrahlung, evtl. fehlende Notwendigkeit einer abgeschirmten Motorzuleitung.